In Hof und Umgebung befanden sich im frühen 19. Jahrhundert (1801-1900) viele Spinnereien und auch Tuchproduktion.
Die im späten 18. Und frühen 19. Jahrhundert beginnende Industrialisierung, ausgehend von England, machte sich mit zeitlicher Verzögerung auch in Hof und Umgebung bemerkbar. In deren Verlauf wurde Hof so etwas wie das bayerische Manchester und zu einem bedeutenden Standort der Textilindustrie in Deutschland.
Zur Vorgeschichte: Ausgehend von der handwerklichen Spinner- und Weber-Tradition, die sich im Hofer Land in entwickelt hatte, war im 18. und frühen 19. Jahrhundert ein kleinteiliges Wirtschaftssystem entstanden, in dessen Zentrum sich die „Verleger“ positionierten. Sie waren die Verbindung zwischen der lokalen, häuslichen Produktion der Spinner und Weber und deren Absatzmärkten. In England war durch die Verbesserung der Dampfmaschine (durch James Watt) zunächst die Mechanisierung von Spinnereien ermöglicht worden. Schon im 18. Jahrhundert hatte der Konstrukteur James Hargreaves die „Spinning Jenny“ entwickelt, eine Spinnmaschine, welche die Arbeit von ca. 80 Spinnerinnen übernehmen konnte. Durch Antrieb dieser Maschine mit Dampfkraft entstand der „Selfaktor“, ein beeindruckendes Monstrum, das die Textilwirtschaft revolutionierte. Das englische „Maschinengarn“ war dann auf dem ganzen europäischen Kontinent konkurrenzlos billig.
Als Reaktion wurden auch in den Raum Hof Dampfmaschinen aus England importiert und zunächst die Spinnerei und dann auch die Weberei mechanisiert. Die Kohle dazu wurde aus dem Raum Zwickau, im damaligen Königreich Sachsen, importiert. Im Jahre 1833 fuhr die erste deutsche Eisenbahn von Nürnberg nach Führt (mit einem englischen Lockführer), die Passagiere, aber auch Güter transportieren konnte. Die Hofer Verleger, aber auch die Spinnereien und Webereien selbst, wollten nun ebenfalls eine Eisenbahn, um Kohle heranzuschaffen und um ihre Produkte zu den Händlern und Kunden zu transportieren.
Bereits 1848 entstand eine königlich bayerische Eisenbahnlinie von Lindau bis nach Hof. Der dortige Bahnhof war als Endstation ein Kopfbahnhof, von dem noch heute ein Gebäudeteil als ältestes Bahngebäude Deutschlands „erhalten“ ist.
Um 1860 entstand die böhmische Kohlebahn, mit der Braunkohle aus Böhmen importiert werden konnte. Um 1880 wurde dann (damals außerhalb der Stadt) ein neuer Bahnhof mit zwei spiegelbildlich gleichen Flügeln errichtet, einer für die königlich Bayerische Bahn und ein identischer Flügel, der als Station der königlich sächsischen Bahn fungierte. Es ist der heute noch genutzte Hofer Hauptbahnhof.
Durch die Eisenbahn und die zahlreich entstehenden Nebenstrecken nahm die Stadt Hof und die umliegende Region einen gewaltigen Aufschwung in die Moderne. Die 1823 abgebrannte Altstadt wurde neu errichtet und zwischen dem Bahnhof und der Altstadt wuchsen Arbeiterviertel für die neu entstehenden mechanischen Spinnereien, Webereien und Fabriken. Als Verbindung zwischen Altstadt und Bahnhof gab es zunächst eine von Pferden gezogene, später dann eine elektrische Straßenbahn. Das Vorbild von Manchester, mit Ausbeutung, Kinderarbeit und schlimmen sozialen Zuständen wurde in der damaligen Industriestadt Hof nicht nachgeahmt, sondern für die Arbeiter wurden Wohnungen nach dem Standard der Zeit errichtet.
Hof hat also eine Geschichte als aufstrebende regionale Industriestadt mit gut versorgten Bürgern und als Eisenbahn-Knotenpunkt mit überregionaler Bedeutung. Dank seiner selbstbewussten Arbeiterschaft war Hof dann auch eine Hochburg der Sozialdemokratie – aber nie eine Stadt der Kommunisten und später auch keine von anderen Radikalen.
Dieser an jeder Stelle interessante und kenntnisreiche Vortrag des Historikers Dr. Adrian Roßner, der nicht nur mit ungeheurem Detailwissen beeindruckte, sondern auch rhetorisch locker und unterhaltsam volle Aufmerksamkeit erzeugen kann, ist nur zu empfehlen. Roßner referiert aber auch zu anderen Themen und vor größerem Publikum – als Historiker, Heimatkundler und als Brauchtumskundiger der Region Hof/Fichtelgebirge.
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