Rednerin: Fraktionsvorsitzende Eva Döhla
Ärztin bin ich zwar nicht – da haben wir im Saal andere, echte vom Fach – aber an den Anfang will ich eine kurze Diagnose zur Finanzlage der Stadt Hof stellen: Die Patientin hängt nicht mehr am Beatmungsgerät, sondern wir haben einen genehmigungsfähigen Haushalt und damit Handlungsspielräume gewonnen. Aber: Am Tropf hängt sie schon noch, die Stadt Hof. Durch den Infusionschlauch fließen zum Beispiel Stabilisierungshilfen.
So gesund, dass alles aus eigener Kraft liefe, ist es um die Haushaltslage doch nicht bestellt. Und etwas schwach - Muskelschwäche? - sind auch noch die Kapazitäten der Verwaltung, wenn es darum geht, lange aufgeschobene Vorhaben nun umzusetzen.
Es ist ein Zahlenwerk, das wir heute auf den Weg bringen, und doch geht es um viel mehr als Zahlen. Es geht um Lebensqualität, um Versorgung, Bildung, Infrastruktur, Entwicklung. Unser Anspruch muss sein: Alles, was hier drin enthalten ist, ist wichtig. Das Wichtigste lässt sich kaum herausfiltern. Alles ist wichtig: Von A wie Asphalt, B wie Bismarckturm, E wie Eisteich, S wie Sozialgebäude am Bauhof, T wie Turnhalle, Z wie Zoo.
Sie sehen, die klassische Maßnahmen-Aufzählung habe ich stark verkürzt. Denn hinter den meisten Vorhaben steht ja eine klare Mehrheit hier in der Stadt. Ich denke alleine an die lange Liste an Schulen, die nie alle gleichzeitig saniert werden können, an unsere Kultureinrichtungen oder Straßen. Doch natürlich ist der Haushalt auch ein Kompromiss. Jeder kämpft für seine Schwerpunkte und akzeptiert, dass am Ende eine Einigung steht.
Wie das in einer Demokratie zugeht, haben wir ja jetzt ausführlich am Beispiel des Koalitionsvertrages für die Bundesregierung miterleben können. Im Hofer Stadtrat gibt es keine Koalitionen – wir reden aber alle miteinander, hören uns auch meist recht geduldig zu. Ich hoffe, dass diese Arbeitshaltung nicht eines Tages durch rechtspopulistische Aggressionspolitiker kaputtgemacht wird.
Was uns desweiteren seit langem in Atem hält: Die Entwicklung unserer Innenstadt. Die Nachricht vom Kaufhof hat Hof geschockt. Schließen. Das ist leider eine eindeutige Aussage über Hof als Geschäfts-Standort. Dazu die Entwicklung in der Ludwigstraße. Die Situation läuft aus dem Ruder, viel zu lange hieß es „Handel ist Wandel“, wir müssen das nicht weiter managen! Statt einer allumfassenden, aktiven strategischen Planung sehe ich Stückwerk. Der Markt allein wird es nicht regulieren. Die Investoren regeln nicht alles für uns. Die Stadt muss viel stärker selbst die Weichen stellen. Für mich ist der Zeitpunkt gekommen, an dem wir uns ein paar ganz großen Fragen stellen müssen. Und da geht es nicht drum, wo steht der Kugelbrunnen, sondern um Schwerwiegenderes.
Damit komme ich auch auf unsere Forderungen nach einem professionellen Citymanagement zurück. Eine Einrichtung oder eine Person, die sich ganz aktiv und mit voller Konzentration um Belebung der Leerstände und um die Entwicklung unserer Innenstadt kümmert.
Das hat leider keinen Niederschlag in unserem Haushalt gefunden. Obwohl es fünf vor zwölf ist. Vielleicht auch nach zwölf. Leerstände versus attraktive Innenstadt: Das ist kein Thema, das nur die Einzelhändler oder Hausbesitzer betrifft, sondern die gesamte Stadt. Bedauerlich ist es, dass die Stadt Hof nicht selbst das Geld aufbringt, um interessante und für die weitere Entwicklung relevante Flächen zu kaufen. Hätten wir die Filetstücke selbst in der Hand, wäre leichter sicherzustellen, dass Investoren sich eng an unseren Zielvorgaben orientieren. Denn in Hof sieht ja so aus, dass es oft gar keine klaren Zielvorgaben gibt, bis ein Investor kommt und einen Plan präsentiert. Das gilt für den ehemaligen Zentralkauf genauso wie für das Hoftex-Gelände in der Schützenstraße.
Auf diesem und in der Fabrikzeile soll auf jeden Fall etwas entstehen, das auch modernen, barrierearmen Wohnraum in die Innenstadt bringt. Diese Flächen waren jetzt beispielhaft dafür, wie Platz für ganz neue Angebote entsteht.
Denkmäler
Ob Theresienstein oder Bismarckturm – Die Stadt muss Vorbild sein, wenn prägende historische Bauwerke erhalten und saniert werden. Dieser Verantwortung stellen wir uns. Gut, dass auch für den Bismarckturm Mittel für erste Planungen in den Haushalt eingestellt wurden. Denn so lang ist die Liste der Wahrzeichen in unserer Stadt gar nicht, dass wir diese verrotten lassen könnten.
Kitas / Jugendhilfe
Aber jetzt von meinen Kindheitserinnerungen am Bismarckturm hin zu den Kindern von heute: Es fehlen Kita-Plätze. Hof bräuchte eine Kita-Offensive. Der Bedarf ist nicht mehr gedeckt und zwar in einem Ausmaß, das wirklich ernste Nebenwirkungen hat. Gerade den Vorschulkindern fehlen dann wichtige soziale und sprachliche Lernmöglichkeiten. Und weil sich die Lage auch nicht so rasch durch Neueröffnungen entspannen wird, hat die SPD schon letztes Jahr gefordert, notfalls auf unkonventionelle Lösungen zu setzen und wirklich kurzfristig entsprechende Betreuungsangebote zu entwickeln. Was ist geschehen? Auch hier alles noch in der Wir-Reden-Drüber-Phase?!
Kindergartenplätze für alle brauchen wir, egal ob die Eltern berufstätig sind, oder alleinerziehend zuhause, oder erst seit kurzem im Lande und selbst noch beim lernen der Sprache.
Kinderarmut
Bei vielen Kindern in unserer Stadt sind auch die Chancen für ihre Entwicklung und Bildung beeinträchtigt.
Etwa jedes dritte Hofer Kind wächst in einer von Armut und damit oft verbundenen zusätzlichen Belastungen betroffenen Familie auf. Die Folgen von Armut ziehen sich über die gesamte Schul- und Ausbildungsbiografie bis hin in das Erwerbsleben.
Wir haben Mittel für eine kindbezogene Armutsprävention auf kommunaler Ebene gefordert.
Bis zur allerletzten Haushaltsberatung darum gerungen, wie am besten gewährleistet ist, dass wirklich neue Maßnahmen entwickelt werden.
Eine Kommune wie die Stadt Hof kann die Armut sicherlich nicht abschaffen, wohl aber ihre Auswirkungen auf die Kinder begrenzen bzw. lindern.
Gerade unser kommunale Rahmen bietet doch Möglichkeiten, Lebenslagen zu gestalten und Chancen zu verbessern.
Das kann mit Maßnahmen auf verschiedenen Eben geschehen: Zum einen geht es darum,
Kinder und Eltern in ihren Persönlichkeiten und in ihrem Handeln zu stärken (z.B. Frühe Hilfen, aufsuchende Arbeit oder Familienpaten) zum anderen darum, die Verhältnisse strukturell zu verändern (z.B. durch strategische Sozialplanung, armutssensible Kindergärten, Angebote in Familienzentren).
Ich kenne die Kosten, die für Jugendhilfe im Haushalt stehen. Das meiste sind Pflichtausgaben. Aber wichtig ist auch die Prävention. Vorbeugen. Etwas zu machen, bevor das Kind „in den Brunnengefallen ist“. So dass eben kein Heimaufenthalt nötig wird.
Für jeden im Rahmen der Jugendhilfe ausgegebenen Euro wird im weiteren Lebensverlauf das Dreifache an Mitteln entweder an staatlichen Ausgaben eingespart oder durch Steuer- und Wertschöpfung an zusätzlichen Einnahmen erzielt. Aber hier zeigt sich auch schon das Dilemma: Was wir als Stadt ermöglichen, fließt nicht automatisch in die Stadt zurück. Auch das ist ein Grund, weshalb Kosten für Kinderbetreuung, Jugend und Soziales stärker vom Bund finanziert werden müssten.
Demographie/Integration
Einwohnerentwicklung: Seit 1950 gesunken, tiefster Stand im Jahr 2014, erst mal überwunden. (Auch durch Menschen mit Migrationshintergrund) Die Ausländer von früher sind die Mitbürger von heute. Auch das gelang nicht von jetzt auf gleich. Integration dauert, kennt auch Rückschläge, sie erfordert einen langen Atem und Geduld.
Die Aufgabe Integration hat sich in Umbau eines Fachbereichs niedergeschlagen Neue Stellen, neue Räume (Büro Karolinenstraße). Diese Aufgabe wird auch dank der großen Unterstützung von sozialen Einrichtungen und Ehrenamtlichen bewältigt. Es bewahrheitet sich, dass bei den Menschen, die wissen, dass sie bleiben dürfen, die Bereitschaft viel ausgeprägter ist, sich zu integrieren, die deutsche Sprache zu erlernen und einen Beruf zu ergreifen, um ein selbständiges Leben führen zu können.
Einiges an Geschrei ist verstummt, an Aufregung verebbt, die meisten Probleme – das muss man ganz klar sagen – haben doch die Asylbewerber selbst: unsicherer Status, keine Arbeitserlaubnis, das angewiesen sein auf Hilfe. Bevor jemand sagt, denen geht es zu gut bei uns, möchte ich wissen: wer will tauschen? Fazit zur Integration in Hof: Die Zeit spielt für uns, nämlich für diejenigen, die nicht Angst machen, sondern konstruktiv und nach vorne denken.
Tourismus
Aber auch aus erfreulicheren Motiven kommen Fremde in unsere Stadt: um etwas zu erleben, um zu genießen. Das Tourismuskonzept, mit dem wir unser gesamtes Angebot einer Inventur unterziehen, zeigt: es ist richtig, auch an den Themen Saaleradweg, Camping, Wohnmobilreisen dranzubleiben und daraus mit Natur und Kulinarik Pakete zu schnüren.
Auch hier gilt, genauso wie bei der Innenstadtentwicklung oder der Integration: wenn uns da ein guter Wurf gelingt, profitiert die Stadt als Ganzes davon, und damit alle Bürgerinnen und Bürger. Tourismus stärken – das machen wir für uns! Wir haben schönes und sehenswertes in Hof, das bringen wir voran und stellen es nach außen nachvollziehbar und sympathisch dar, dabei hilft das Konzept und dahinter stehe ich.
Neben der positiven Darstellung unserer Stadt müssen wir Stadträte uns aber auch die Kritikfähigkeit bewahren. Wenn man die vier kreisfreien Städte in Oberfranken in ihrer Entwicklung der Wirtschaftskraft und der Einwohnerzahlen vergleicht, liegen wir doch ein beträchtliches Stück hinter den anderen zurück. Artikel 3 der Bay. Verfassung fordert gleichwertige Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen in ganz Bayern. Das kann uns nicht gleichgültig sein und da werden wir in den nächsten Jahren noch kräftig ackern müssen.
Anträge
Unser Haushalt, der wir heute verabschieden, macht auch deutlich, welchen Stellenwert Anträge für die kommunalpolitische Weichenstellung haben. Welchen Verlauf so ein Antrag in der Diskussion nimmt, wann wo von wem welcher Beschluss dazu gefasst wurde, das soll künftiger besser nachvollziehbar werden. Und transparenter für die Bürgerinnen und Bürger. Es geht darum politisches Handeln und politische Entscheidungen klar nach außen zu kommunizieren. Darum plädiere ich auch an dieser Stelle dafür, ein Antrags-Managements für den Hofer Stadtrat einzuführen.
ÖPNV
Das Modellprojekt ÖPNV ist für uns nicht erledigt. Die SPD Stadtratsfraktion ist der Meinung, dass sich die Stadt Hof beim Bundesumweltministerium als Teststadt/-region anbieten soll. Schließlich ist in unserem ÖPNV durchaus noch Luft nach oben, was die Passagierzahlen angeht. Da der ÖPNV in der Region und Stadt weniger ausgelastet ist als in den großen Modellstädten, wäre bei uns die Umsetzung einfacher. Außerdem könnten sich positive Nebeneffekte für die Zukunft des ÖPNV in unserer Stadt bzw. Region ergeben.
Die Reaktionen auf den Antrag haben nämlich auch gezeigt: es besteht Interesse am ÖPNV, das ist ein absolutes Zukunftsthema und wir sollten alles daran setzen, mit einem Modellprojekt auch wieder andere Nutzergruppen in die Busse zu bekommen.
Dank an: den Fachbereichsleiter und Stadtkämmerer Herrn Peter Fischer und sein Team, und danke an alle, die den Prozess der Haushaltsberatungen und Aufstellung konstruktiv gestaltet und begleitet haben.
Wir als SPD-Fraktion stimmen dem Beschluss zur Festsetzung der Haushaltssatzungen und des Haushaltsplanes zu, und auch dem Beschluss zur mittelfristigen Finanzplanung.